Wie die großen Parteien zukünftig mit Cannabis und Co. umgehen wollen
Die Bundestagswahlen 2021 liegen hinter uns. Auf der ganzen Welt ist indes ein klarer Trend erkennbar: Immer mehr Länder zeigen sich liberal, was ihren Umgang mit Drogen und allen voran Cannabis angeht. Uruguay, Portugal, die Tschechische Republik und einzelne US-Bundesstaaten etwa gehen mit gutem Beispiel voran und haben den Besitz von Cannabis zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft, oder den freien Verkauf sowie privaten Anbau erlaubt. Deutschland gilt nicht gerade als Vorreiter in Sachen liberaler Drogenpolitik, doch steht die Debatte um Hanf zumindest in den letzten Jahren regelmäßig auf der politischen Agenda. Nun stehen die Bundestagswahlen an und die einzelnen Parteien haben sich unter anderem auch im Bereich der Drogenpolitik programmatische Gedanken gemacht. Wir haben einen Blick in die Wahlprogramme geworfen und sie in diesem Blogbeitrag für Dich kurz und knapp zusammengefasst:
CDU/CSU
Die christlich-konservative CDU zeigt sich auch im Jahr 2021 hinsichtlich ihrer Drogenpolitik, wie üblich, nicht progressiv: “Eine Legalisierung illegaler Drogen lehnen wir ab. Zu groß sind die gesundheitlichen Folgen für den Einzelnen und die Auswirkungen auf Familie, Umfeld und Gesellschaft”, heißt es im Wahlprogramm. Das deckt sich mit der bisherigen Linie der aktuellen Drogenbeauftragten Daniela Ludwig, die der CSU angehört. Sie ist es, die mit dem Satz “nur weil Alkohol gefährlich ist, ist Cannabis kein Brokkoli” für einige Lacher und auch Unmut im Netz sorgte. Wer Drogen legalisiert, lasse Betroffene allein, so die Haltung der Union. Man setze stattdessen auf Aufklärung sowie “frühe und massentaugliche Sanktionen” für Konsument:innen. Dass Sanktionen kontraproduktiv sind und in der Vergangenheit nicht vom Konsum abgehalten haben, sondern die Lage eher verschlimmern, ist allgemein bekannt und am Beispiel der USA gut nachzuvollziehen. Interessant: Das Thema Drogen wird im Wahlprogramm der Union unter dem Themenfeld “Sicherheit” aufgeführt.
SPD
Eine komplett gegensätzliche Position zu Cannabis findet sich dagegen bei der SPD. Sie setzen auf Entkriminalisierung und Jugendschutz. Im Wahlprogramm heißt es:
“Wie Alkohol ist auch Cannabis eine gesellschaftliche Realität, mit der wir einen adäquaten politischen Umgang finden müssen. Verbote und Kriminalisierung haben den Konsum nicht gesenkt, sie stehen einer effektiven Suchtprävention und Jugendschutz entgegen und binden enorme Ressourcen bei Justiz und Polizei. Eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene soll in Modellprojekten von Ländern und Kommunen erprobt werden können, begleitet durch Maßnahmen der Prävention, Beratung und Behandlung im Jugendbereich. Zudem werden wir bundeseinheitlich regeln, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis strafrechtlich nicht mehr verfolgt wird.”
Die Grünen
Auch die Partei Bündnis 90/Die Grünen fordern einen grundlegenden Wandel der Drogenpolitik und setzt auf einen verantwortungsvollen Umgang in Form der “vier Säulen Prävention, Hilfe, Schadensminimierung und Regulierung.”.
„Das derzeitige Verbot von Cannabis verursacht mehr Probleme, als es löst“, heißt es im Programm. Die Droge soll künftig unter einem “Cannabiskontrollgesetz” in lizenzierten Fachgeschäften verkauft werden, wobei besonderes Augenmerk auf Jugend- und Verbraucherschutz liegen soll. Auch die Versorgung mit medizinischem Cannabis soll verbessert und die Forschung dazu unterstützt werden.
Wie auch die SPD wollen die Grünen Modellprojekte in Kommunen ermöglichen, bei denen zielgruppenspezifische und niedrigschwellige Angebote in der Drogen- und Suchthilfe ausgebaut werden sollen. Hierzu zählt auch das sogenannte “Drug Checking”, das derzeit in Deutschland nicht möglich ist. Was bleiben soll, ist das Werbeverbot für Drogen.
FDP
„Wir Freie Demokraten fordern eine kontrollierte Freigabe von Cannabis“, heißt es glasklar im Wahlprogramm der FDP. Ähnlich wie die Grünen versprechen sie eine Abgabe an Erwachsene in speziellen Geschäften. Sie rechnen mit bis zu einer Milliarde Euro Steuereinnahmen durch Cannabis, die für Prävention, Suchtbehandlung und Beratung eingesetzt werden sollen.
Fun Fact: Die FDP plante kurzzeitig die Entkriminalisierung aller Drogen nach dem Vorbild Portugals. Gegen diese Pläne wurde jedoch seitens der Parteioberen akut vorgegangen und somit verhindert.
Die Linke
Die Überschrift “Schluss mit der Kriminalisierung von Drogen” im Wahlprogramm der Linken verspricht einiges. So heißt es dort: “Wir sehen es nicht als Aufgabe der Politik an, Menschen zu erziehen, sondern ihnen eine informierte und risikobewusste Konsumentscheidung zu ermöglichen. Wir wollen den Wunsch nach Rausch nicht moralisch werten. Er ist ein Bestandteil der Kultur, auch wenn damit Risiken und mögliche Schäden verbunden sind.” So wird auf Prävention, Beratung und Hilfe gesetzt statt auf Strafverfolgung.
Konkret soll für bestimmte Drogen, so auch für Cannabis, eine bundeseinheitliche Menge festgelegt werden, deren Besitz nicht strafrechtlich verfolgt wird. Besonders dem zukünftigen Umgang mit medizinischem Cannabis wird im Programm viel Raum gegeben:
“Die gesetzlichen Regeln zur medizinischen Verwendung von Cannabis müssen im Sinne der Patient*innen geändert werden. Der Zugang muss entbürokratisiert werden. Der Einsatz von Cannabis als Medizin muss auch bei weniger schweren Erkrankungen ermöglicht und der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen abgeschafft werden. Wir wollen die Versorgungssicherheit verbessern, indem mehr Cannabis als Medizin in Deutschland angebaut wird. Die Bestimmungen zum Fahren von Fahrzeugen bei medizinischer Verwendung von Cannabis müssen endlich klar geregelt werden.”
Damit strebt die Linke den größten Paradigmenwechsel in Sachen Cannabis an und füllt mit dem Thema eine ganze Seite ihres Wahlprogramms, mehr als alle anderen Parteien.
Fazit
Bis auf die Union setzen sich alle anderen, also SPD, Grüne, Linke und FDP für einen Kurswechsel in der Drogenpolitik, besonders in Bezug auf Cannabis, ein. Sie versprechen in ihren Wahlprogrammen eine Liberalisierung, wenn auch in unterschiedlichen Ausmaßen.
Sollte die CDU/CSU also durch die Bundestagswahlen in ihrer langjährigen Regierungsposition abgelöst werden, stehen die Chancen für eine liberalisierte Drogenpolitik, samt ausgebauten Präventions- und Informationsangeboten und mehr Toleranz, für zumindest medizinisches Cannabis sehr gut.
In jedem Fall ist es wichtig, dass Du dein Wahlrecht wahrnimmst, Dich ausreichend informierst und dein Kreuz bei den Kandidat:innen und Parteien setzt, von denen Du denkst, dass sie Deine Interessen am Besten vertreten.
Geh wählen! Es ist ein Privileg.
PS: Wie sich die kleineren Parteien zu Cannabis positionieren, kannst Du in den einzelnen Wahlprogramm nachlesen. Diese sind hier für Dich aufgelistet:
Alle Wahlprogramme für die Bundestagswahl 2021 – Bundestagswahl 2021 (bundestagswahl-2021.de)